Der K(r)ampf um die Fans

Interview mit Jochen Sauer, Geschäftsführer FC Red Bull Salzburg und Christian Ebenbauer, Vorstand Österreichische Fußball-Bundesliga

SPORT & MARKE 2015

Wie werden Ligen, Sportarten, Vereine und Verbände für Zuschauer, Partner und Sponsoren interessant? Dies ist eine der Kernfragen der zweiten Ausgabe von SPORT & MARKE am 20./21. April 2015 in Wien. 400 Teilnehmer und 45 Referenten diskutieren brandaktuelle Themen des österreichischen Sportbusiness. Stets im Fokus: Die Professionalisierung und Erschließung des Sportstandorts Österreich. Der Veranstalter ESB Marketing Netzwerk führte im Vorfeld des Kongresses exklusiv ein Interview mit Christian Ebenbauer, Vorstand der Österreichischen Fußball-Bundesliga, und Jochen Sauer, Geschäftsführer des FC Red Bull Salzburg zum Status Quo des österreichischen Fußballs.

Seit der Saison 2007/2008 sind die Zuschauerzahlen in österreichischen Stadien rückläufig. Welche Gründe sehen Sie hierfür?
Jochen Sauer.: „Ein möglicher Grund ist das Liga-Format im Zusammenhang mit dem Umstand, dass in Österreich viele größere „Traditionsvereine“ aus verschiedenen Gründen aus dem Profifußball verschwunden sind. An ihrer Stelle sind etliche kleinere Klubs in die oberste Liga aufgestiegen. Diese sind zwar sportlich durchaus ebenbürtig, verfügen aber über ein deutlich geringeres Fanpotential. Generell ist es mir aber auch wichtig zu erwähnen, dass der Fußball in Österreich Woche für Woche weit mehr Menschen bewegt als jede andere Sportart und überdurchschnittliches lautes Jammern dem Produkt deutlich mehr schadet als hilft.“

Christian Ebenbauer.: „In erster Linie ist darauf hinzuweisen, dass wir in der Herbstsaison 2014 erstmals seit 2008 wieder ein Zuschauerwachstum haben, sowohl in der tipico Bundesliga mit 8% als auch in der Sky Go Ersten Liga mit 12%. Mit dem überaus erfolgreichen Nationalteam und Klubs in den internationalen Wettbewerben haben wir die Chance, auf diesem positiven Trend weiter aufzubauen, um den Rekordwert aus der Saison 2007/08 rund um die EURO Euphorie wieder zu erreichen und hoffentlich auch zu überbieten.“

Als Grund, weshalb sie keine Fußballspiele mehr anschauen gehen, geben rund 45% der Befragten an, dass Ihnen die Eintrittspreise und die Kosten des Stadionbesuchs zu hoch seien. Welche Lösungsansätze schlagen Sie vor?
J.S.: 
„In diesem Zusammenhang ist mir wichtig zu erwähnen, dass der FC Red Bull Salzburg im gesamtösterreichischen Vergleich sehr moderate Eintrittspreise bei sehr hohem Stadionkomfort bietet. Eine Möglichkeit, das Fans sich nicht bzw. weniger an den Eintrittspreisen stoßen ist es, die Stadioninfrastruktur zu verbessern. Für gute Qualität ist man sicherlich (eher) bereit, gutes Geld zu bezahlen.“
C.E.: „Natürlich könnte man jetzt sagen, mit einer Preissenkung wäre dem entgegen gewirkt. Unter dem Aspekt, dass ein Stadionbesuch in der österreichischen Fußball-Bundesliga im europäischen Vergleich günstig ist, muss man dieses Thema meines Erachtens jedoch andersrum angehen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis gegeben ist. Die An- und Abreise, der Stadion-Komfort und das soziale Erlebnis sind zusätzlich zum sportlichen Ereignis in den Vordergrund zu stellen.“

Vergleichsweise gibt es weniger Gewaltvorfälle in Österreich, als in anderen Ligen. Dennoch assoziiert man häufig Gewalt-Bilder mit der Österreichischen Liga. Wie löst man Ihrer Meinung nach das Problem mit der Aussendarstellung?
J.S.: 
„Ich bin mittlerweile schon sehr viele Jahre im Fußball aktiv (1860 München, Hertha BSC, VfL Wolfsburg) und habe viel erlebt. Meine Erfahrungen in Österreich sind dazu ganz andere, ich kann diesen Eindruck nicht nachvollziehen.“
C.E.: „Wichtig ist, das Bild in der Öffentlichkeit zu ändern. Die Stadien in Österreich sind sicher. Wir müssen aber natürlich weiter daran arbeiten, dass neben den Stadien selbst auch das Umfeld der Stadien noch sicherer wird. Zur weiteren Verbesserung sind Prävention und Aufklärung besonders wichtige Mittel. In diesem Zusammenhang arbeiten wir eng mit dem BMI, dem ÖFB und den Klubs zusammen. Infrastrukturelle Bedingungen unterstützen darüber hinaus die Sicherheit der Fans in den Stadien. Leider macht aber ein Vorfall, wie zum Beispiel jener im November beim Wiener Derby, die gute Arbeit von einem ganzen Jahr kaputt.“

Wo sehen Sie dringenden Entwicklungsbedarf, um den Österreichischen Fußball weiter zu professionalisieren?
J.S.:
 „Hier sehe ich zwei Bereiche, die verbesserungswürdig sind: Infrastruktur und die mediale Vermarktung des „Produktes Bundesliga“!“
C.E.: „Die Infrastruktur wird in den nächsten Jahren ein wichtiger Punkt zur weiteren Professionalisierung sein. Dazu haben wir eine Offensive ausgerufen, die auch von den Klubs gut angenommen wird. Es gilt aber auch weiterhin die guten Entwicklungen der letzten 10 Jahre in wirtschaftlicher Hinsicht weiterzuführen sowie die Organisationsentwicklung des Profifußballs zu forcieren. Dadurch soll im Ergebnis das Image des österreichischen Profifußballs verbessert werden. Schließlich ist der Fußball nicht nur weltweit sondern auch in Österreich ein wesentlicher sozialer und wirtschaftlicher Faktor.“

Haben Sie ein Vorbild bei dem Sie sagen: "Dieser Verein mach einen sehr guten Job!". Welcher ist dies und weshalb?
J.S.: 
„Die Arbeit bei der SV Josko Ried finde ich bemerkenswert. Auch Ried ist ein kleiner Klub, der allerdings über ein atmosphärisch sehr feines Stadion verfügt, in der sämtliche Bereiche durchaus attraktiv gestaltet sind. Ich denke, dass sich VIP-Gäste, Fans, Medien und auch die Gastmannschaft im Rieder Stadion zumeist sehr wohl fühlen. Und auch sportlich leistet der Klub schon über Jahre hindurch gute Arbeit, bleibt auch bei zwischenzeitlich geringerem Erfolg ruhig und behält die Linie und Strategie bei.“
C.E.: „Gleichbehandlung ist das oberste Prinzip der Geschäftsstelle der Bundesliga. Deswegen möchte ich jetzt keinen Klub speziell hervorheben. Vor allem sind bei derartigen Vergleichen immer auch die unterschiedlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen. Und damit sind wir beim wichtigsten Punkt. Unser Ziel ist es, die 20 Klubs der Bundesliga trotz dieser teilweise großen Unterschiedlichkeiten gemeinsam weiterzuentwickeln. Natürlich ist auch jeder Klub gefordert mit den vorhandenen Mitteln das Maximum in sportlicher, wirtschaftlicher, infrastruktureller und organisatorischer Hinsicht zu erreichen.“

Vielen Dank für das Interview.